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"MaschinenBoom" in Chemnitz: Mensch und Maschine - MDR

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Chemnitz steht geradezu exemplarisch für die Industrialisierung in Deutschland. Im 19. Jahrhundert schossen hier Fabriken und Werkhallen wie Pilze aus dem Boden. Rund 800 riesige Essen ragten in den Himmel über der Stadt. Kein Wunder also, dass die Sächsische Landesausstellung zur Industriekultur ihren Schwerpunkt "Maschinen.Boom" nach Chemnitz verlegt hat, in ein Gebäude, das seine Existenz der Industrialisierung zu verdanken hat: Die Ausstellung ist im Industriemuseum angesiedelt, in der Gießerei  einer ehemaligen Werkzeugmaschinenbaufabrik.

Ist ein Kochlöffel eine Maschine?

"Maschinen.Boom" – das klingt nach riesigen Werkhallen, in denen Webstühle rattern, Eisen gewalzt oder Strümpfe gewirkt werden. Doch die Ausstellung im Industriemuseum Chemnitz kommt zunächst leise daher. Und eines der ersten Objekte – auch das sorgt für Überraschung! – ist ein grob geschnitzter Holz-Kochlöffel. "Einige werden vielleicht sagen, der Kochlöffel ist keine Maschine", räumt Kurator Jürgen Kabus ein. "Und mir ist natürlich bewusst, dass laut DIN eine Maschine bewegliche Teile braucht. Aber gehen wir mal ins Heute, in die Küche und backen einen Kuchen. Wir benutzen einen Rührmixer dafür. Was ist das? Das sind im Prinzip zwei Kochlöffel mit einem Elektroantrieb. Jetzt nehmen wir mal den Elektroantrieb weg, was hätten wir? Und da sind wir bei der philosophischen Frage, ist der Kochlöffel ein Hilfsmittel oder eine Maschine?“

Zeitreise durch die Industriegeschichte

Es gehört zum Konzept der Ausstellung, Fragen aufzuwerfen: Was ist eine Maschine? Welche Rolle spielen Maschinen in unserem Leben? Welche Maschine fehlt mir? Und welche würde ich auf eine einsame Insel mitnehmen? Und ganz nebenbei nimmt die Schau den Besucher mit auf eine Zeitreise durch die Industriegeschichte: von 1.0 bis 4.0.

Dampfmaschine und neue Fabriken

Industrie 1.0: "Die Erfindung der Dampfmaschine hat alles verändert. Die Schornsteine werden zum Symbol der neuen Zeit. Werkhallen und ganze Fabrikanlagen entstehen", erfährt der Museumsbesucher in einem von vier Animationsfilmen, die über riesige  Leinwände flimmern und aus dem Alltag der Menschen in der jeweiligen Epoche erzählen. "Alles ist fest getaktet und das Arbeiten in Schichten, oft 12 Stunden oder mehr, lässt kaum Freizeit zu."

Strom für Bierwärmer

Industrie 2.0: Generatoren liefern elektrischen Strom, der Alltags-Maschinen möglich macht: Fön, Rasierapparat, Toaster. Und: "Eines meiner Lieblingsobjekte ist dieser unscheinförmige Stab. Haben Sie eine Idee, was es ist? Das ist ein Bierwärmer", sagt Kurator Kabus. "Der steht auch so ein bisschen für die kuriosen Maschinen, die uns aber trotzdem helfen. Ich muss ja nicht jede Maschine mögen oder nutzen. Aber es gibt sie trotzdem."

Klein und leistungsfähig

Industrie 3.0: Der Mikrochip ist erfunden, wir befinden uns inzwischen in den 1960er Jahren. "Maschinen werden noch kleiner, noch omnipräsenter, noch leistungsfähiger. Noch unverständlicher?", fragt Kabus. "Ich kann es ihnen nicht erklären, also ich kann keinen integrierten Schaltkreis erklären."

Digitalisierung im Fokus

Und schließlich Industrie 4.0 – die Gegenwart: Digitalisierung und Datenaustausch. Dieser Ausstellungsbereich befindet sich im Zentrum der 600 qm großen Ausstellungshalle. Er wirkt wie ein hypermodernes, helles Labor. Hier finden sich ein riesiger 3-D-Drucker, eine Alexa, WLAN-Waagen und gechippte Laufschuhe. Mit Sicherheit der Bereich, der die meisten Fragen aufwirft. Denn brauchen wir das alles wirklich? Und wie verändert es unser Zusammenleben? "Das Handy ist ein schönes Beispiel: die Omnipräsenz der Erreichbarkeit", sagt Kabus. "Früher hat Duden gesagt, wir schreiben einen Brief, schicken ihn weg, drei Tage später ist er beim Empfänger, dann wird er ihn beantworten, das dauert seine Zeit. Heute schicken wir eine WhatsApp, eine SMS. Wie schnell erwarten wir, dass unser Gegenüber drauf antwortet? Das ist für mich eindeutig ein Fluch unserer modernen Gesellschaft."

Kopf frei für Kunst und Philosophie

Wo führt das noch hin? Wie könnte eine Industrie 5.0 aussehen?  Bleibt der Mensch Herr über die Maschine oder wird er zu ihrem Knecht? Der Kulturtheoretiker Martin Burkhardt – Autor des Buchs "Philosophie der Maschine" und per Video in der Ausstellung zu erleben – meint: Wir haben es in der Hand. Und im besten Fall sieht die Zukunft für ihn so aus: "Wer mag, hat dann den Kopf frei für all die Dinge, die eine Maschine nicht zu fassen vermag. Scherz, Ironie, tiefere Bedeutung. Kurzum. Alles was irgendwie mit Kunst und Philosophie zu tun hat."




July 10, 2020 at 09:28PM
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